
Buchbesprechung von Katharina Philipp:
Robert Kachler, Psychologe und Theologe verliert seinen 16jährigen Sohn, und die gängigen Theorien der Trauerpsychologie erscheinen ihm selbst nun in einem anderen Licht. Freud forderte, dass das Ziel der Trauer das Loslassen des Verstorbenen ist. Trauer also als das endgültige Abschiednehmen. Kachler versteht nun, dass sich die Trauernden unverstanden gefühlt hatten bei diesem Ansatz.
So wie früher gefordert wurde, die emotionale Bindung zum Verstorbenen zu lösen, sieht Kachler nun Trauer als einen Prozess der Wandlung der Liebe zum Verstorbenen auf eine andere Ebene. Die Trauer wird von ihm auch nicht negativ besetzt. Jede Form der Trauer – lautes Weinen oder eben still – ist in Ordnung. Die Trauer ist die Suche nach einer neuen Beziehung zum Verstorbenen. In der Trauer kann ein ganz anderes, neues Nähegefühl zum Verstorbenen entstehen. Die Trauer ruft andere Gefühle wie die Liebe, die Sehnsucht und das Mitgefühl hervor. In den Ahnenkulten früherer Generationen oder anderer Völker werden die Toten deutlich in das Leben der Lebenden einbezogen. Auch in unserem weiteren Leben hat der Verstorbene seinen Platz in der Mitte der Familie.
Kachler empfiehlt sich auf die Suche nach einem Ort zu begeben, an dem man den Verstorbenen sicher aufgehoben weiß. Er bietet dazu in seinem Buch Phantasiereisen an. Der Trauernde will den Verstorbenen an einem sicheren Ort wissen und ihn dort suchen können. Aber auch der Trauernde selbst braucht einen sicheren Ort. Hat er doch jede Sicherheit verloren. Auch hier werden Imaginationen angeboten.
Dann beschreibt er Orte der Erfahrung von gefühlsmäßiger Nähe. Das kann das Grab sein und die Gestaltung des selben. Aber auch ganz andere Orte der Erinnerung kann es für jeden einzelnen geben, Ferienorte, aber auch die Unfallstelle. Wie eine Freundin unserer Tochter sagte „Gegangene Wege“. Weiter schlägt Kachler vor ein „Album“ der Erinnerungsorte zu erstellen. Orte aufzuschreiben und gemeinsame Erinnerungen aufzuschreiben. Ein Erinnerungsschatzkästlein und Erinnerungsrituale sind weitere Methoden der Erinnerung an unsere Verstorbenen, die er beschreibt.
Robert Kachler hat noch weitere Bücher zu dem Thema verfasst.“
© Katahrina Philipp, mit freundlicher Genehmigung.